April 1988

"Von heute an seid ihr keine Saargänger mehr ..."

von Hans Kirsch
Die Angliederung von 13 Gemeinden an das Saarland im Jahre 1947

Am 24. Juni 1987 jährte sich zum 40. Mal der Tag der Angliederung von 13 ehemals rheinland-pfälzischen Gemeinden ans Saarland. Dies war für die ,,Menschen an der Grenze" ein willkommener Anlaß zurückzuschauen: Wie war es zu dieser Angliederung gekommen, was ist daraus geworden?

Der SPD-Ortsverein Ostertal hatte an diesem Tag zum Grenzland - Treffen nach Osterbrücken eingeladen, und viele waren gekommen. Interessierte Bürgerinnen und Bürger aus dem saarländisch - pfälzischen Grenzraum, verantwortliche Kommunalpolitiker, Heimatforscher. Sie alle hatten viel zu berichten - von damals und heute. Hans Kirsch, der langjährige Vorsitzende des SPD - Ortsvereins und heutige Vorsitzende des Heimat- und Kulturvereins Ostertal, hatte die „Geschichte der Angliederung“ zusammengetragen, anwesende Zeitzeugen wie der frühere Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Saar (SPS), Richard Kirn, der ehemalige Landtagsvizepräsident Rudi Recktenwald (SPD) aus Urexweiler, der frühere Kuseler Landrat Gustav Adolf Held sowie der heutige Kuseler Verwaltungschef Dr. Winfried Hirschberger und viele andere trugen aus ihrer Sicht und persönlichen Erfahrung zu dieser heimatkundlichen Geschichtsstunde bei.

Der saarländische Innenminister Friedel Läpple (SPD), gern gesehener Gast im Ostertal, schlug im Festvortrag die Verbindung von der Vergangenheit zur Gegenwart und sicherte dem „Ostertaler Grenzland“ die besondere Aufmerksamkeit der saarländischen Landesregierung zu. Armin Lang, SPD - Landtagsabgeordneter aus Osterbrücken, nannte die aktuellen Probleme und Gemeinsamkeiten des saarländisch - pfälzischen Grenzraumes: hohe Arbeitslosigkeit, weite Wege der Menschen zu den Arbeitsplätzen, ungünstige Verkehrsanbindungen, Konzentration militärischer Anlagen. Er nannte aber auch mögliche Zukunftschancen der Grenzregion: kulturelle Vielfalt und landschaftliche Reize, Tor zum Naturpark Saar - Hunsrück, neue Arbeitsplätze im Kleingewerbe und im mittelständischen Bereich.

Für die Zukunft forderte er ein neues „Aktionsprogramm Saar-West-pfalz“ zum Abbau der wirtschaftlichen Benachteiligungen der Grenzregion und eine engere Kooperation der Gemeinden im Grenzraum, unter anderem im Naherholungs- und Fremdenverkehrsbereich, zum Beispiel auch durch die Anlegung gemeinsamer „Saarpfälzer Kulturtage“. Wanderwege, als historische Lehrpfade gestaltet, könnten Einheimische und Gäste zu interessanten Ausflügen in Vergangenheit und Gegenwart einladen und zu einer neuen Attraktivität des „Landes an der Grenze“ beitragen. Die Vergangenheit könnte so zu einer Chance für die Zukunft werden.

In diesem Sinn hat der SPD-Ortsverein Ostertal gemeinsam mit dem Heimat- und Kulturverein Ostertal eine Schrift gestaltet und herausgegeben, als Geschenk für alle Mitbürgerinnen und Mitbürger für ihre Treue und Unterstützung.

 


 

Grenzlandtreffen in Osterbrücken (1987)

hkl. Osterbrücken. "So schmerzlich die Abtrennung der 13 Gemeinden von den Kreisen Kusel und Birkenfeld 1947 war, so gute Saarländer sind wir inzwischen geworden, die allerdings ihre frühere Herkunft weder leugnen noch missen möchten", sagte Landtagsabgeordneter Armin Lang bei der Eröffnung des “Grenzlandtreffens" im Osterbrücker Dorfgemeinschaftshaus, das der SPD-Ortsverein Ostertal genau am 40. Jahrestag der Abtrennung veranstaltete. Lang konnte eine große Anzahl von Gästen begrüßen, unter ihnen der saarländische Innenminister Friedel Läpple, der ehemalige Landtagsvizepräsident Rudi Recktenwald aus Urexweiler, der frühere Landesvorsitzende der SPS und ehemalige Arbeits-und Sozialminister Richard Kirn, Landrat Dr. Winfried Hirschberger aus Kusel, der ehemalige Kuseler Landrat Gustav Adolf Held, der Erste Kreisdeputierte Erich Weingart aus Altenglan, der frühere Vorsteher des Amtes Niederkirchen, Ernst Gerharth aus Osterbrücken, sowie eine große Zahl von Ortsvorsteher, Ortsbürgermeistern sowie Stadt- und Gemeinderatsmitglieder aus dem gesamten Grenzgebiet.

In seinem Grußwort ging Innenminister Läpple auf die politische Situation vor 40 Jahren ein, aber auch auf die spätere Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik und die neueste kommunale Situation im Saarland. Nachdem der Kirkeler Liedermacher Eckes Fischer einige Lieder gesungen hatte, berichtete der Vorsitzende des Heimat- und Kulturvereins Ostertal, Hans Kirsch, wie die Abtrennung damals vor sich gegangen war. Das Motiv, die 13 Gemeinden zum Saarland zu bringen, sei eindeutig der Wunsch gewesen, die zahlreichen im Saarland beschäftigten Industriearbeiter des Grenzraumes auch innerhalb des saarländischen Staatsverbandes zu haben. Kirsch erinnerte an die große Angliederungsfeier am 6. Juli 1947 in Oberkirchen und berichtete von den damals aktiv Beteiligten auf örtlicher Ebene, vor allem Michel Dausend und Pastor Peter Haus aus Oberkirchen, aber auch Cilly Bützler vom Königreicher Hof.

Nach einem musikalischen Zwischenspiel mit Eckes Fischer kamen dann einige Zeitzeugen von damals zu Wort. Der ehemalige Kuseler Landrat Held berichtete von den Sondierungen des Kuseler Kreistages im Jahr 1956, ob die Ostertalgemeinden eventuell wieder zum Kreis Kusel kommen könnten. Bei seinen Bemühungen sei ihm zwar viel Sympathie entgegengebracht worden, aber letztlich wäre "nichts zu machen" gewesen. Nachdem er dies festgestellt habe, sei er es gewesen, der 1959 den Saarländern bei der Beseitigung des Schlagbaumes bei Selchenbach die erste Deutsche Mark überreicht habe. Der jetzige Kuseler
Landrat Dr. Hirschberger freute sich, durch diese Veranstaltung auch einmal das Ostertal kennenzulernen, von dem er bisher nur gehört habe. Trotz des einen oder anderen Punktes, über den gesprochen werde, etwa die Herchweiler "Gass" oder der Königreicher Hof, lebe man in einem durchaus freundschaftlichen Nachbarschaftsverhältnis.

Rudi Recktenwald ging auf die ersten Jahre der Zugehörigkeit des Ostertals zum Saarland ein und berichtete vom Aufbau der Parteien und den Wahlkämpfen der damaligen Zeit. Schließlich ließ es sich auch der 85jährige Richard Kirn nicht nehmen, zu den Anwesenden zu sprechen. Geistig erstaunlich rüstig, erzählte er zunächst einige Episoden aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, als die politischen Parteien vor den Wahlen den Bau der Ostertalbahn versprachen, nach den Wahlen aber die bereits herbeigeschafften Schwellen wieder abtransportieren ließen. Dann ging er auf die Zeit nach 1945 ein, als er selbst aktiv an der Gestaltung der Politik teilgenommen hat als Mitglied der Verwaltungskommission des Saarlandes, später als Arbeits-und Sozialminister im Kabinett Hoffmann. Seine von Humanismus und bestem europäischem Gedankengut geprägten Worte klangen aus mit dem Appell an die Jüngeren, die Dinge von gestern nicht nur mit den Augen von heute zu sehen und zu beurteilen. Mit das Wichtigste sei damals wie heute ein anständiges Verhalten von Mensch zu Mensch. Nach einem Gedicht von Erich Schneider aus Hoof über das "alte pfälzische Ostertal" saßen Alte und Junge noch lange beisammen und erzählten Begegebenheiten aus  früherer Zeit.