August 2007

 

Saarbrücker Zeitung, Ausg. St. Wendel, 27. August 2007

Zugfahren fast wie vor 70 Jahren

Von SZ-Mitarbeiter Gerhard Tröster

Fast alles war wie vor 70 Jahren. Am Samstag kam am frühen Nachmittag der "erste" Personenzug am Niederkircher Bahnhof an, gezogen von einer Dampflok. Eine Musikkapelle spielte auf. Und die Menschen freuten sich, dass ihre Ostertalbahn immer noch lebt.

Vor 70 Jahren dabei

Niederkirchen/Ottweiler. Klar, nichts anderes als Dampf hätte zum 70. Geburtstag der Ostertalbahn gepasst. Genauer gesagt, zum Geburtstag des ersten Abschnittes der Strecke von Ottweiler nach Niederkirchen. Deshalb hatte sich der Arbeitskreis Ostertalbahn (AkO) mächtig ins Zeug gelegt, um eine Lok der Baureihe 38, eine so genannte preußische P 8, auf die Strecke zu holen.

 

Rauchend stand der grünschwarz lackierte glänzende Koloss aus dem Jahre 1921 am Samstag kurz nach Mittag abfahrbereit am Bahnsteig in Ottweiler. Mit dem Marsch "Alte Kameraden" wurde der Zug pünktlich um 12.45 Uhr verabschiedet.

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Dann dampfte das stattliche 1180-Pferdestärken-Gefährt mit den historischen Wagen und mit fröhlich winkenden Fahrgästen in Richtung Niederkirchen. Dort wurde die Dampfbahn bereits von vielen Menschen erwartet. Sie wollten "ihren Zug" begrüßen, so, wie es die Menschen vor 70 Jahren taten. Musikalisch tat das der Musikverein Hoof/Saal mit flotten Weisen.

Zu den bemerkenswertesten Zeitzeugen des Jahres 1937 zählte die am Bahnsteig stehende 87-jährige Waldtraud Weyrich aus Marth. Sie ist die Tochter des legendären Niederkircher Bürgermeisters Ludwig König, der sich seinerzeit so vehement für den Bau der Ostertalbahn eingesetzt hatte. Die betagte Dame konnte sich noch an einige Einzelheiten erinnern: "Damals, als der erste Zug hier ankam, hat ebenfalls die Musik gespielt. Und mein Vater hat eine große Ansprache gehalten." An eine weitere Tochter von Ludwig König erinnerte sich der St.Wendeler Walter Kirsch, der früher in der Bäckerei Zimmer in St. Wendel arbeitete: "Auch Maria Zimmer, die Frau des Bäckermeisters Otto Zimmer, war eine Tochter von Bürgermeister König."

Während die Feuerwehr frisches Wasser in den Bauch der Tenderlok füllte, gingen viele Fahrgäste auf den nahe gelegenen Festplatz - den duftenden berühmten Ostertaler Speckwaffeln entgegen, die die Landfrauen zubereiteten. Unter ihnen auch Alma Jung aus Saal, die bei der Eröffnung der Bahn im Jahre 1937 sechs Jahre alt war. "Ich erinnere mich noch gut, als ich damals mit meinem Großvater August Folles mit dem „Gläsernen Zug“ von Niederkirchen nach Ottweiler gefahren bin", berichtete sie.

Viel Beachtung fand die Ausstellung des Heimat- und Kulturvereins Ostertal. Texte und Fotos ermöglichten eine Zeitreise vom Bau der Bahn bis ins Heute des Jahres 2007.

Nach 45-minütigem Aufenthalt dampfte die Bahn weiter nach Schwarzerden, wo ebenfalls viele Fahrgäste am Bahnsteig standen.

Niederkirchen war zwei Tage lang das Zentrum für die Feier des Bahngeburtstages. Am Samstagabend sorgten die Vereine im Zelt für ein unterhaltsames Programm. Der Sonntag begann mit einem Gottesdienst. Danach reihte sich bis zum Abend ein Programmpunkt an den anderen. Zwischendurch kamen immer wieder neue Fahrgäste, die die Ostertalbahn aus Ottweiler und Schwarzerden herbrachte. Weil die Dampflok am Samstagnachmittag ein Problem mit einem Achslager bekam, wurden einige Züge mit Dieselloks gezogen. Der Schaden konnte am Abend jedoch behoben werden, so dass es gestern wieder im Ostertal dampfte.

 

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