November 2022

Langjähriges Vereinsmitglied aus ungarischem Dorf verstorben

Niederkirchen. Ein langjähriges Vereinsmitglied mit besonderem landsmannschaftlichem Hintergrund hat der Heimat- und Kulturverein Ostertal jüngst verloren. Peter Glöckner aus dem baden-württembergischen Backnang ist am 26. Oktober dieses Jahres verstorben. Das teilte der Vorsitzende des Vereins, Hans Kirsch, jetzt mit.

Peter Glöckner war 1928 in dem südungarischen Dorf Moragy geboren worden. Dieses Dorf hatten im Jahr 1724 fünf Auswandererfamilien aus dem pfalz-zweibrückischen Ostertal zusammen mit Auswanderern aus Hessen gegründet. Zu den 16 Unterzeichnern des Ansiedlungsvertrags gehörte auch Theobald Glöckner aus Niederkirchen, der Vorfahre von Peter Glöckner. 1939 zählte das Dorf Moragy rund 2.000 Einwohner, aber 1946, nach dem von Deutschland verursachten Zweiten Weltkrieg, wurden alle deutschstämmigen Bewohner aus Ungarn ausgewiesen. Die ehemaligen Bewohner von Moragy verteilten sich auf die westdeutschen Besatzungszonen mit Schwerpunkten in Württemberg (Backnang) und Nordhessen (Bad Hersfeld).

Schon Peter Glöckners Vater hatte sich in Backnang mit der Frage beschäftigt, woher seine Vorfahren ursprünglich wohl stammten; bisher wusste man allgemein nur „aus Deutschland“. Nach dem Tod des Vaters setzte Peter Glöckner die Nachforschungen fort und fand in einem Buch über evangelische Auswanderer aus Pfalz-Zweibrücken einen Hinweis auf das Ostertal. Er setzte sich mit dem Pfarramt Niederkirchen in Verbindung und bekam Kontakt mit Gustav Edinger, der früher bei der Amtsverwaltung Niederkirchen beschäftigt war. So kam Peter Glöckner 1981 erstmals ins Ostertal, begleitet von seinem Cousin gleichen Namens, der nach der Ausweisung aus Ungarn Professor an der kanadischen Universität Calgary geworden war. In Niederkirchen, wo gerade ein großes „Brunnenfest“ gefeiert wurde, trafen die beiden auf Klaus Zimmer, der sie mit der Auswanderungsgeschichte des Ostertals vertraut machte.

Aus diesem Besuch entwickelte sich eine Freundschaft zwischen einer Reihe von Mitgliedern des Heimat- und Kulturvereins und zahlreichen ehemaligen Moragyern. Es folgten viele  Besuche und Gegenbesuche, Peter Glöckner wurde 1984 Mitglied des Ostertaler Heimatvereins. Besonders eng arbeitete er mit Harry Weber aus Niederkirchen zusammen, vor allem bei der Erstellung von mehr als hundert „Familienstammbäumen“ ehemaliger Moragyer, die Wurzeln im Ostertal hatten. Bei der Hoofer 650-Jahr-Feier im Jahr 1994 nahm eine Gruppe ehemaliger Moragyer am Festumzug teil als Erinnerung an die Auswanderung auch der Hoofer Familie Peter Brandt 1724 nach Ungarn. 1997 besuchte eine ungarische Volkstanzgruppe aus Moragy Niederkirchen. Peter Glöckner hielt 2016 im evangelischen Gemeindehaus Hoof einen Vortrag über die Geschichte des von den Ostertaler Einwanderern mitgegründeten Dorfes. Über die Arbeit des Ostertaler Heimatvereins, dem er 38 Jahre lang angehörte, hat Peter Glöckner sich bis in sein letztes Lebensjahr hinein stets „auf dem laufenden“ gehalten.

 

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Festumzug 1994 in Hoof unter Beteiligung einer Gruppe ehemaliger Moragyer. Vorne: Peter Glöckner