07. April 1989

Poststelle Niederkirchen ist 100 Jahre alt

Heimat- und Kulturverein erinnerte mit Vortrag über Postgeschichte im Ostertal an das Jubiläum

Anfang des Jahres 1889 ging im Ostertal ein Brief der Königlichen Oberpostdirektion Speyer ein, in dem eine große Neuerung angekündigt wurde: Niederkirchen erhält eine Postexpedition. So kam es dann auch bald:
ab 1. Februar desselben Jahres hatte Niederkirchen im Anwesen Adam Zimmer (später Gasthaus zur alten Post) eine eigene Poststation. So kann der Ort im laufenden Jahr das 100. Jubiläum seiner Posteröffnung feiern.

Da die Deutsche Bundespost sich nicht in der Lage sieht, sich in diesem Jahr an einer Jubiläumsfeier zu beteiligen, will der Heimat- und Kulturverein Ostertal wenigstens mit einer kleinen Veranstaltung dieses für die Bürger des mittleren Ostertals doch recht wichtigen Datums gedenken. Der Verein lädt deshalb für Freitag, den 7. April 1989, 20 Uhr, zu einem Diavortrag ins Gasthaus Margaretenhof in Niederkirchen ein. Hans Kirsch wird über die Geschichte der Post im Ostertal von den Anfängen bis in die neueste Zeit referieren. Alte Posthäuser werden zu sehen sein, wer Posthalter in den Ostertalorten war, wie Briefe und Pakete früher transportiert und zugestellt wurden, wie die Postkutsche von dem motorisierten Postauto abgelöst wurde: all das wird in dem Vortrag zu hören und zu sehen sein. Alle Bürgerinnen und Bürger sind dazu herzlich eingeladen.

„Was hier an Fakten und Einzelheiten über das Postwesen, an geschichtlichem Wissen um die Region Ostertal geboten wurde, ist ganz hervorragend", begeisterte sich der Leiter des Postamtes St.Wendel, Thome, nach dem Diavortrag, den der Heimat- und Kulturverein Ostertal im Margarethenhof in Niederkirchen veranstaltet hatte. Anlaß war dazu das 100. Jubiläum der Errichtung einer Poststelle in Niederkirchen.

Der Referent, Hans Kirsch, ging bei seinem Vortrag über die Geschichte der Post im Ostertal bis in die römische Zeit zurück, schilderte die Verkehrsverhältnisse im Mittelalter, berichtete von den Postlinien in herzoglich-zweybrückischer Zeit und kam dann zu den postalischen Verhältnissen im 19. Jahrhundert. Zunächst begingen Angestellte des Kantons Kusel zu Fuß einmal in der Woche die Routen, wobei eine von Kusel über Selchenbach nach Herschweiler-Pettersheim, Rehweiler/Glan, Theisbergstegen und wieder zurück nach Kusel führte. Die Sendungen wurden beim Bürgermeisteramt abgegeben bzw. abgeholt Die Boten für Pakete hatten sich ,,mit Schubkarren zu versehen". Briefmarken gab es ab 1849, Briefkästen ab 1858.

Im Jahr 1858 wurden auch die Kantonsboten von der bayerischen Post übernommen. Für diese Boten von Kusel ins Ostertal war damals eine ,,Gangzeit" von morgens 4.30 Uhr bis nachmittags 17.15 Uhr vorgesehen, eine tägliche Arbeitszeit von fast 13 Stunden also.

Die erste Poststation in der Ostertalbürgermeisterei wurde dann 1872 in Selchenbach eingerichtet. Niederkirchen erhielt 1889 eine Postexpedition, und zwar in der Gastwirtschaft Adam Zimmer, die deshalb bis vor kurzem noch ,,zur alten Post" hieß. Weitere Posthäuser in dem Ort waren die Anwesen Cullmann (Hamperersch) und König, das alte Schulhaus oberhalb der Kirche, das Anwesen Renner (Bälersch) und heute das Haus Weyrich (Schneirarms). Posthalter in Niederkirchen waren nacheinander Adam Zimmer, Daniel Cullmann, Ludwig König, Otto Steibert, Maria König, Emilie König, Magda Kern, Helene Lang, August Renner, Reinhard Gerhart, Friedel Mertel Postzusteller („Briefbott“) sind über 20 bekannt, sie mußten stets auch im Nachbarort Saal und - ab 1918 nach Marth mitbetreuen. In Hoof, Osterbrücken Bubach und Marth wurden im Jahr 1900 Poststellen eingerichtet, die Marther Post wurde 1918 aber wieder geschlossen.

Kraftpost erhielt das Ostertal im Jahr 1919. Vorher waren die Ortschaften seit 1889 mit einer sogenannten Karriolpost (ein Fahrgast, von einem Pferd gezogen) und seit 1885 durch eine Pferde-Postkutschen-Linie mit der Amtsstadt Kusel verbunden. Bei den motorisierten Omnibussen ab 1919 handelte es sich um solche der Marke Daimler-Benz mit 18 Sitzen, die eine Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h fuhren und deren Ventile alle acht Tage neu eingeschliffen werden mußten. Sie waren mit Vollgummireifen und Karbidlampen ausgestattet, das Führerhaus war völlig offen, weshalb die Fahrer im Winter Pelzmäntel, Pelzhandschuhe und Filzstiefel tragen mußten. 1925 wurde in Niederkirchen „ an der Schwann“ eine Unterstellhalle für die Omnibusse gebaut, die nach dem 2. Weltkrieg aber nicht mehr für diesen Zweck genutzt wurde. 1983 wurde das Gebäude abgerissen. Die Gebietsreform hat sich auf die Postverhältnisse so ausgewirkt, daß der Ortsname z.B. Niederkirchen nicht mehr erscheint, sondern nur noch „ St.Wendel 8“. Die zahlreichen Zuhörer und Zuschauer des Dia-Vortrags sparten am Schluß nicht mit Beifall. Ortsvorsteher und Stadtratsmitglied Herbert Müller gab abschließend bekannt, daß die Stadt St.Wendel in diesem Jahr die Arbeit des Heimat- und Kulturvereins mit einem Betrag von 1000 DM unterstützen wird.